Düsseldorf, Bürgerhaus Bilk (Salzmannbau), Himmelgeister Str. 107
Seminar mit Stefan Siegert, Hamburg
Ältere unter uns werden Stefan Siegert noch als einen großartigen Karikaturisten der UZ und der Roten Blätter kennen, Jüngere vor allem als einfühlsamen Musikkritiker der Tageszeitung junge Welt. Doch Siegert war und ist auf beiden Gebieten zuhause. Und so können sich Alt und Jung auf die Begegnung mit einem vielseitig begabten Künstler und Kenner freuen.
Stefan Siegert schreibt uns dazu:
Will die Linke erfolgreich sein, braucht sie mehr als die richtige Strategie und Taktik. Sie braucht zum Beispiel Solidarität, Ernesto Cardenal nannte sie „die Zärtlichkeit der Völker“. Zärtlichkeit lernt man nicht auf der Parteihochschule. Sie entsteht, wie etwa auch eine andere Voraussetzung von Erfolg im politischen Kampf, die „Ausstrahlung“, in derselben Sphäre, in der Kunst und Kultur wirken und in der – und von der – sie leben.
Es gehört zu den Kernparadigmen bürgerlicher Ideologie, das Wort „Reichtum“ mit dem Wort „Geld“ zu identifizieren. Das darüber weit hinaus gehende Mehr, nach dem die Mitglieder einer jenseits der Märkte organisierten Gesellschaft verlangen (wie die in dieser Hinsicht gescheiterte Geschichte des ersten Realsozialismus-Versuchs gezeigt hat), ist der eigentliche Inhalt von Kunst und Kultur: der von Begriffen wie Geld und Nützlichkeit unberührte menschliche Reichtum.
Denn es geht nicht nur um die Art der Reproduktion und die Eigentumsverhältnisse der Ge-sellschaft, in der wir leben wollen. Es geht auch um die Gestaltung unserer Welt und unserer Identität, um die Gestalt und Atmosphäre etwa der Parks und Plätze, der Häuser und Woh-nungen unserer Städte und Landschaften. Wie schön und wie einladend sehen sie aus? Lässt es sich darin angenehm und menschlich leben? In ihnen begegnen wir uns.
Und alles folgt aus der Frage: Wie gehen wir miteinander um, wie jeder mit sich selbst und wie wir alle mit unserer Umwelt? Gefühle und Lebensgefühl sind Gegenstand von Kunst und Kultur, Utopie und Dystopie, Traum und Albtraum, das Gute und das Schlechte, Schönheit und Hässlichkeit, Ästhetik und Moral, ein wirklich weites Feld.
Bei unserem Seminar soll es mehr um die künstlerische Kultur gehen. Warum braucht die Linke so etwas? Nun: Weil die Kunst in allen ihren Genres zu dem Leben, das wir uns erträumen, wenn es denn gelingen soll – und darum geht es doch am Ende in der Politik – ganz unbedingt dazugehört.