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Schon im „Kapital“, dem Hauptwerk von Marx, wird das Blatt zitiert: Die seit September 1843 bis heute in London erscheinende Wochenzeitschrift „The Economist“. Sie hat sich zu dem wohl wichtigsten Selbstverständigungsorgan der herrschenden Klasse in Westeuropa und den USA entwickelt. Die Ausgabe vom 15. Januar 2022 enthält einen „Special report“ zum Verhältnis von „Business and the state“. Die Macher des Blattes befürchten eine „neue Ära der Intervention“[1], nachdem doch seit Beginn der 1990er Jahre die Staaten in dem seitdem siegreichen Kapitalismus sich mehr und mehr aus dem Handeln der kapitalistischen Unternehmen zurückgezogen und sogar massenhaft früher staatlich gelenkte Unternehmen privatisiert hätten. Stolz verweist das Blatt darauf, daß von 1990 bis 2016 „die Staaten rund um die Welt Vermögen im Wert von ungefähr 3,6 Billionen Dollar verkauft hätten“[2]. Aber nicht nur das drohende Auslaufen dieser für das Kapital einträglichen Privatisierungswelle wird beklagt. Es gäbe eine zunehmende Konzentration des so von allen staatlichen Fesseln befreiten Unternehmertums: „Nach den Kalkulationen des ‚Economist‘ sind zwei Dritteln des rund 900 Sektoren der Volkswirtschaft, die vom (US-)amerikanischen Statistischen Budnesamt für Volkswirtschaft erfasst werden, zwischen 1997 und 2012 von Konzentrationsprozessen erfaßt worden. In der Hälfte dieser Bereiche hat sich die Konzentration in den darauf folgenden fünf Jahren noch beschleunigt. In den zwei Jahrzehnten, die 2017 endeten, erhöhte sich der durchschnittliche Marktanteil der vier größten Unternehmen im betreffenden Wirtschaftsbereich von 26 auf 32 Prozent. Die vier größten britischen Unternehmen stehen in 58 Prozent der ungefähr 600 dort erfaßten Wirtschaftsbereiche für größere Marktanteile hinsichtlich der Einnahmen als ein Jahrzehnt vorher. Die Konzentration in der EU geht in dieselbe Richtung, wenn auch langsamer.“[3]  

Das ist kein neuer Prozess – sonst hätte Marx im 1867 erstmals erschienenen Buch „Das Kapital“ nicht im Kapitel „Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation“ hinsichtlich der Logik der kapitalistischen Entwicklungsgesetze mit Blick auch auf die (bei uns noch ausstehende) Zukunft nicht schreiben können:

„Diese Expropriation vollzieht sich durch das Spiel der immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst, durch die Zentralisation der Kapitale. Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Hand in Hand mit dieser Zentralisation oder der Expropriation vieler Kapitalisten durch wenige entwickelt sich die kooperative Form des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewußte technische Anwendung der Wissenschaft, die planmäßige Ausbeutung der Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel, die Ökonomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als Produktionsmittel kombinierter, gesellschaftlicher Arbeit, die Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarkts und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Regimes. Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellen den und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert.“[4]

Hier wird dieser Prozess, anders als im „Economist“ nicht nur beschrieben, sondern erklärt. Und er wird – ebenfalls hochaktuell – in Verbindung gebracht mit der „planmäßigen Ausbeutung der Erde“, die in diesen Prozess untrennbar eingewoben ist. Am „Sprengen“ der für die weitere Menschheitsentwicklung unverträglichen kapitalistischen Hülle ist weiter zu arbeiten.

Manfred Sohn

 

[1] Übersetzungen von Manfred Sohn

[2] The Economist, January 15th 2022, Special report, p. 4

[3] Ebenda, p. 7

[4] Marx/Engels, Werke, Band 23 (Das Kapital), Berlin 1974, S. 790f)